Lärmaktionsplan der Gemeinde Wachtberg - erste Bürgerbeteiligung

Teilweise empfinden wir das als störend (z. B. Straßenverkehr, Fluglärm, Baulärm, der Rasenmäher des Nachbarn, Hundegebell), manchmal auch sogar als angenehm (z. B. Musik, Konzerte, Meeresrauschen, lautes Lachen). Die jeweilige Wahrnehmung kann dabei individuell abweichen. Wenn Menschen allerdings dauerhaft hohen Lärmpegeln ausgesetzt werden, kann dies zur ernsthaften Schädigung der körperlichen und psychischen Gesundheit führen (Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Tinnitus, Stress).


Wie wird Lärm gemessen?

Geräusche werden sehr unterschiedlich wahrgenommen. Ob sie für eine Person eine Belastung darstellen, hängt von vielen Faktoren ab. So kann sich eine gesellige Gruppe über laute Musik freuen, während die Nachbarin sich über dieselbe Musik ärgert, da sie am nächsten Tag früh aufstehen muss. Nachts werden Geräusche zudem eher als laut empfunden, als tagsüber, wenn viele Lärmquellen aktiv und wir meist mit anderen Dingen beschäftigt sind.

Geräusche werden in Schallwellen übertragen. Je weiter die Geräuschquelle entfernt ist, desto schwächer werden diese Wellen. Die Stärke der Schallwellen nennt man Schalldruckpegel (umgangssprachlich: Lautstärke). Sie wird in Dezibel (dB) angegeben. Die Grenze des menschlichen Hörens liegt bei einem Dezibel. Lautstärken um 50 dB sind allgemein noch angenehm, bei etwa 100 dB wird es in der Regel unangenehm und bei rund 120 dB wird Lärm sogar schmerzhaft wahrgenommen. Dabei sind 100 dB jedoch nicht doppelt so laut wie 50 dB. Die Dezibel-Skala ist logarithmisch aufgebaut, steigt also immer steiler an. Eine Zunahme um +10 Dezibel wird daher als doppelt so laut wahrgenommen: 60 dB sind demnach bereits doppelt so laut wie 50 dB.


Ab wann ist Lärm schädlich?

Ab ca. 40 dB kann es bereits zu Konzentrationsstörungen kommen, Hörschäden können bei dauerhafter Beschallung ab 60 dB entstehen. Bei längerer Aussetzung von Lärmpegeln ab 65 dB wurde ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachgewiesen. Bei nur kurzer Einwirkung von 120 dB können bleibende Hörschäden entstehen – reflexartig halten wir uns die Ohren zu.

Kritisch und lange Zeit unterschätzt sind allerdings die dauerhaft auf uns wirkenden Lärmbelastungen, z. B. durch den Straßenverkehr. Vorbeifahrende Pkw erreichen Werte zwischen 55 und 75 dB (u. a. abhängig von der Fahrgeschwindigkeit, dem Motor und der Straßenoberfläche), Lkw und Motorräder liegen meist darüber.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) benennt daher bereits Auslösewerte (also Lautstärken, ab denen man schützende Vorkehrungen treffen sollte) von dauerhaft 53 dB über Tag und 45 dB in der Nacht. Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt Werte von 55 dB (nachts) bzw. 65 dB (tags) und im Rahmen der Lärmaktionsplanung (Richtlinie 2002/49/EG) sind Schutz- oder Verminderungsmaßnahmen ab spätestens 60 (nachts) bzw. 70 dB (tags) zu entwickeln.


Lärmaktionsplanung – Was ist das?

Doch was ist denn nun diese ‚Lärmaktionsplanung‘ überhaupt? Seit dem Jahr 2002 ist es Ziel der Europäischen Gemeinschaft (EG), die Menschen vor schädlichen Lärmeinflüssen zu schützen. Dazu wurde die „Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm“ (kurz: EU-Umgebungslärmrichtlinie) erlassen, die in allen Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden musste. In Deutschland geschah dies im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), speziell in dessen § 47d.

Darin werden die zuständigen Behörden verpflichtet, sogenannte Lärmaktionspläne (kurz: LAP) zu erstellen, in denen Lärmprobleme und Lärmauswirkungen für Orte in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Großflughäfen oder in Ballungsräumen untersucht und durch entsprechende Maßnahmen geregelt bzw. gemindert werden sollen. Was genau ein Lärmaktionsplan enthalten muss ist im Anhang V der EU-Umgebungslärmrichtlinie vorgegeben.

Die ersten Lärmaktionspläne wurden durch die Ballungsräume und Großstädte ab dem Jahr 2008 erarbeitet und über die Bundesländer an die EU gemeldet. Seitdem sind diese alle fünf Jahre zu aktualisieren bzw. auch für alle weiteren Kommunen mit entsprechenden Betroffenheiten neu aufzustellen. Inzwischen läuft die vierte Stufe der Lärmaktionsplanung, in der nun nahezu alle Kommunen bis Juli 2024 einen neuen Lärmaktionsplan erstellen müssen.

Die Grundlage dazu liefert eine einheitliche Lärmkartierung, die im Bundesland NRW durch das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV) nach Berechnungsvorgaben der EU für alle relevanten Hauptverkehrsstraßen erstellt hat. Für die Kartierung und Aktionsplanerstellung entlang der Haupteisenbahnstrecken ist das Eisenbahnbundesamt (EBA) zuständig.


Um welchen Lärm geht es?

Als Lärm werden belästigende und gesundheitsschädliche Geräusche verstanden, die durch menschliche Aktivitäten verursacht werden. Im Rahmen der Lärmaktionsplanung geht es dabei jedoch nicht um den – sicherlich auch häufig als störend empfundenen – Lärm in der Nachbarschaft.

Vielmehr geht es um den dauerhaften Lärm, der durch den Straßen-, Luft- und Schienenverkehr oder auch bestimmte Gewerbe- und Industriegebiete entsteht. Dieser stellt in der Regel eine konstante Belastung für die Betroffenen dar und kann durch entsprechende Maßnahmen außerdem meist im Handlungsspielraum der zuständigen Behörden und Baulastträger konkret beeinflusst werden.
 

Welche Straßen werden untersucht?

Für die Lärmkartierung wurden die Gegebenheiten entlang der vielbefahrenen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen untersucht und die Lärmwirkung mittels Simulationsmodell berechnet. Untersucht wurden alle Hauptverkehrsstraßen mit Verkehrsmengen von über 3 Mio. Kfz/Jahr (das entspricht etwa 8.200 Kfz/Tag).

Natürlich geht auch von allen anderen Straßen eine Lärmwirkung aus. Höhe der Lärmpegel und Anzahl der betroffenen Anwohner ist auf weniger stark befahrenen erfahrungsgemäß jedoch geringer. Die oft begrenzten finanziellen Mittel für die Umsetzung von Maßnahmen zur Lärmminderung sollen effizient und zum Wohle möglichst vieler Menschen auf Abschnitte mit dem höchsten Handlungsbedarf konzentriert werden, weshalb die genannte Vorauswahl der zumindest zu untersuchenden Straßen durch die rechtlichen Vorgaben erfolgt.

In der Gemeinde Wachtberg sind dies die folgenden Straßenzüge im Gemeindegebiet:

  • die L 158
    (Landstraße, zuständig Landesbetrieb Straßenbau NRW)
  • die L 123 zwischen Bonn-Mehlem und dem Wachtbergring (Wachtberg-Berkum)
    (Landstraße, zuständig Landesbetrieb Straßenbau NRW)
     
  • sowie die BAB 565
    (Bundesstraße)


Was sind ruhige Gebiete?

Neben der Minderung bestehender Lärmbelastung beinhaltet ein Lärmaktionsplan auch den Schutz von sogenannten „Ruhigen Gebieten“. Dabei geht es darum, Gebiete auszuweisen, die bereits eine geringe Lärmbelastung aufweisen und vorsorglich vor weiterem Lärm geschützt werden sollen. Bei ruhigen Gebieten kann es sich sowohl um innerstädtische Freiflächen (wie z. B. ruhige Stadt-/Gemeindeparks, Friedhöfe oder Grünzüge), als auch um kleinere oder größere Freiflächen außerhalb einer Stadt (wie z. B. Naturschutzgebiete, Wälder oder landwirtschaftliche Flächen) handeln. Wichtig ist, dass diese konkret abgrenzbaren Gebiete der Bevölkerung als lärmarme Rückzugsorte dienen bzw. zukünftig dienen sollen. Durch Ausweisung als ruhiges Gebiet bekommt die Verhinderung von Lärm zukünftig einen höheren Stellenwert in den Abwägungsprozessen der Stadt-/Gemeinde- und Bauleitplanung.


Wie kann ich mich beteiligen? Wie geht es dann weiter?

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, bereits zu Beginn des Prozesses auf einer Online-Karte Hinweise / per Mail an melanie.kamradt@wachtberg.de zur Lärmsituation für die weitere Begutachtung und Maßnahmenentwicklung zu verorten / Stellung zu nehmen.

Welche Straßen und Orte sind besonders von Verkehrslärm belastet und welche Maßnahmen könnten zur Lärmminderung ergriffen werden? Wo könnten aus Ihrer Sicht ruhige Gebiete ausgewiesen werden, die zukünftig vor weiterem Lärm besonders geschützt werden müssen?

Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gelten zunächst keine Beschränkungen der zu kommentierenden Straßen. Jeder Hinweis auf belastenden Verkehrslärm im Gemeindegebiet seitens der Bevölkerung ist willkommen und wird ernst genommen. Um diesbezüglich aber keine falschen Erwartungen zu wecken, sei jedoch angemerkt, dass einzelne Meldungen abseits der kartierten Hauptverkehrsstraßen (siehe „Welche Straßen werden untersucht?“) wahrscheinlich noch keine ausreichende Begründung für die Durchsetzung von Maßnahmen im Sinne der Lärmaktionsplanung bei den zuständigen Baulastträgern liefern werden. Angesprochen werden sollte es aber trotzdem und vielleicht stehen Sie mit Ihrer Meinung ja nicht allein da.

Geben Sie uns daher Hinweise auf ein konkretes Lärmproblem oder bringen Sie sich mit konkreten Vorschlägen zu Maßnahmen und ruhigen Gebieten ein.

Die Karte ist vom 06.11.23 bis 11.12.2023 2023 freigeschaltet:

https://beteiligung.nrw.de/portal/Wbg/beteiligung/themen/1004654


Wir freuen uns über Ihren Beitrag! Die Eingaben werden im Anschluss gesammelt, durch Gutachterbüro und Gemeindeverwaltung sortiert, ausgewertet und – sofern relevant – bei der weiteren Erstellung des Lärmaktionsplans berücksichtigt.

Sie stellen eine der Grundlagen zur Erstellung des Lärmaktionsplanes, bei der Identifikation von Handlungsbedarfen sowie der Herleitung von Maßnahmen und Strategien zur Lärmreduzierung in Ihrer Gemeinde dar (u. a. neben der Auswertung der Lärmkartierung und den bereits bestehenden Konzepten, Planungen und Maßnahmen).

Im Anschluss wird der Entwurf des Lärmaktionsplanes erarbeitet, welcher dann der Politik präsentiert und im Rahmen einer Auslage der Öffentlichkeit und den Trägern öffentlicher Belange zur Einsicht gegeben wird. Erneut haben Sie dann die Möglichkeit, den Plan zu kommentieren und eine Stellungnahme zu den Inhalten und Maßnahmen abzugeben. Nach Auswertung der Eingaben wird der LAP final überarbeitet und vom Rat der Gemeinde beschlossen.

Bis zum 25. Juni 2024 sind alle Lärmaktionspläne fertigzustellen, an das Land zu melden und durch dieses an die EU weiterzugeben. Überschreitungen dieser Frist können zu Strafen durch die EU führen.


Rechtswirkung und Verbindlichkeit des LAP

Nach Beschluss des Lärmaktionsplans sind die darin enthaltenen Maßnahmen nach Fachrecht gültig. Der Lärmaktionsplan bleibt dabei allerdings den Vorgaben aus den übergeordneten Gesetzen untergeordnet (z. B. der StVO bei Temporeduzierung). Eine Verpflichtung der Umsetzung der Maßnahmen liegt bei einem Lärmaktionsplan leider nicht vor. Jedoch muss der Lärmaktionsplan bei zukünftigen Entscheidungen mitberücksichtigt werden. Hierzu zählen unter anderem der Straßenbau, die Straßenunterhaltung oder die Anpassung und Aufstellung von Bebauungsplänen.
 

Wo finden Sie weitere Informationen?

Umfangreiche Informationen zu den Themen Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung finden Sie im Umgebungslärmportal des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen: https://www.umgebungslaerm.nrw.de/

Im Umgebungslärmportal finden Sie auch alle Lärmkarten der 4. Runde für Nordrhein-Westfalen im Lärmkartenviewer NRW: https://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/