In diesem Herbst feiert es sein 25-jähriges Jubiläum mit einer Neuinszenierung des Dramas „Antigone“ von Jean Anouilh (1910–1987). Premiere war am 25. Oktober 2023.
Für Gundula Schroeder hat dieses Stück eine besondere Bedeutung: Schon als junge Schauspielerin, während ihres ersten Bühnenengagements in Flensburg, spielte sie die Rolle der Antigone. Im Jahr 2000 inszenierte sie Anouilhs Drama zum ersten Mal im Pecher Kellertheater. Schroeder betont die zeitlose Aktualität der „Antigone“ – den Konflikt zwischen individueller Überzeugung und staatlichem Machtanspruch.
Beim antiken Dichter Sophokles, aus dessen „Antigone“ Anouilh den Stoff für sein eigenes Drama genommen hat, geht es um den Konflikt zwischen göttlichen Geboten auf der einen und Staatsräson auf der anderen Seite. Die eine Seite wird durch Antigone, die andere durch König Kreon verkörpert.
Bei Anouilh fehlt die religiöse Dimension. Er verlegt die Handlung in die Gegenwart. Sein Stück, das 1944 uraufgeführt wurde, ist als Sinnbild für die französische Résistance gegen die deutsche Besatzungsmacht und das Vichy-Regime interpretiert worden. Schroeder hält die antike Quelle des Antigone-Stoffs gegenwärtig durch das Bild eines griechischen Tempels im Hintergrund und griechische Kapitelle auf der Bühne.
Ihre Inszenierung entzieht sich einer vordergründig politischen Interpretation des Dramas. Für ihre Antigone, mit jugendlicher Leidenschaft meisterhaft gespielt von Sarah Möger, sind die eigenen Gefühle der wichtigste Maßstab. Sie erfährt ihr Erwachsenwerden als Weg zur Selbstermächtigung. „Wer hat dir diese Pflicht auferlegt?“, fragt Kreon. Antigone antwortet: „Niemand, ich mir selbst.“ Und später sagt sie: „Ich bin meine eigene Richterin.“
Bei Schroeder ist Kreon eine Königin, gespielt von ihr selbst. Dieser überraschende Geschlechterwechsel hilft zu verstehen, dass Kreon bei Anouilh nicht Stereotype von Männlichkeit, sondern eine geschlechterübergreifende Haltung repräsentiert. Gundula Schroeder spielt den Kreon – genauer: die Kreon – überzeugend als facettenreichen Charakter, der zwischen Starrköpfigkeit, Opportunismus, Familiensinn und Egozentrik hin und her schwankt.
Überhaupt zeigt sich das Ensemble des Kellertheaters Chateau Pech wieder einmal von seiner besten Seite: Als Verlobter Antigones beherrscht Johny Younés die ganze Bandbreite der Gefühle von zärtlicher Liebe bis zu tiefer Verzweiflung. Ursula Rocke als besorgte Amme und Patricia Kammer als ältere Schwester Ismene verkörpern sehr gut nachvollziehbar verschiedene Reaktionen von Erwachsenen auf den Wunsch junger Menschen, sich von der behüteten Welt ihrer Kindheit loszulösen. Friedrich Oettler und Richard Freimann, die beiden Wächter, schöpfen das komödiantische Potenzial ihrer Rollen auf amüsierende Weise aus. In ihrer zweiten Rolle als Erzählerin kommentiert und strukturiert Ursula Rocke souverän das Geschehen. Und im Hintergrund sorgt Nick Binzenbach dafür, dass bei Beleuchtung und Ton alles reibungslos klappt.
Starker und anhaltender Beifall des Premierenpublikums gibt allen Mitwirkenden die ermutigende Rückmeldung: Das habt ihr sehr gut gemacht! (Michael Mertes)
Weitere Aufführungen im November
- jeweils 19.00 Uhr: 01. / 03./ 05./ 08./ 10./ 11./ 12./ 15./ 17./ 18./ 19./ 22./ 24./ 25. November 2023
Kartenreservierungen: Tel. 0228/325951
(20 Euro, ermäßigt 10 Euro, IBAN: DE 93 3826 0082 2600 1440 25)
Kellertheater „Chateau Pech“, Nachtigallenweg 22, 53343 Wachtberg-Pech
... siehe auch die Ankündigung: Chateau Pech - Premiere „Antigone“ am 25. Oktober